Hiermit möchte ich dieses Blog feierlich eröffnen. Im Grunde habe ich schon viel zu viel gepostet, um das zu tun – aber pfeif drauf!
Auf Der Poet im Algorithmus soll es um die Dichtkunst gehen. Tiefgründige Lyrik, geistreiche Verse, Zeilen voll Weisheit. Aber nicht meine eigenen – sondern die eines viel größeren Denkers. Der sich nur bisweilen etwas schwertut, seine profunden Gedanken schriftlich festzuhalten. Es handelt sich um: Google.
Jawohl, die Suchmaschine ist es, die sich bisweilen zum Weinen schöne Aphorismen, sinnige Sentenzen und berührende Bonmots ausdenkt. Uns teilt sie diese in einer Form mit, die gemeinhin als „Auto-Complete“-Funktion bekannt ist: Man tippt irgendetwas ins Suchfeld, und schon liefert Google vier Suchvorschläge, die den gesuchten Begriff ergänzen. Das sieht dann in etwa so aus:
Hier muss das geschulte Auge hängen bleiben. Drängt es sich nicht geradezu auf, diese vier Vorschläge nicht als einzelne, voneinander unabhängige Zeilen zu betrachten, sondern sie als zusammenhängenden Text, ja eben als Gedicht zu lesen?
Es ist was es ist
Es ist alles eitel
Es ist noch Suppe da
Es ist an der Zeit
Man muss es der Suchmaschine zugestehen: Das ist ein vierzeiliges Glanzstück, wie es sich kein menschlicher Autor jemals ersinnen könnte. Voller Tiefgang, feiner Ironie, genau dem richtigen Maß an Zeitkritik, und einem fordernden, aber auch hoffnungsfrohen Schluss. In Zeiten, in denen noch für jeden genug Suppe da ist, aber die Menschen in einer tauben Es-ist-was-es-ist-Mentalität vor sich hin leben, muss gehandelt werden – sonst verharren wir in dekadenter Eitelkeit. Wer möchte da widersprechen?
Weil solche bewegenden Vierzeiler nicht selten einer Google-Suchanfrage entspringen, habe ich mich entschlossen, sie zu sammeln und auf dieser Seite zu konservieren.
Dabei will ich nicht behaupten, dass dieses Blog Pionierarbeit betreibt. Wie die etwa die TAZ schon treffend festgestellt hat, lässt sich die Idee des Google-Gedichts bis ins Jahr 2001 zurückverfolgen. Auch gibt es bereits seit längerem den Tumblr-Blog Google-Poesie, den deutschen Ableger des finnischen Originals.
Aber mir hat etwas gefehlt. Bisher beschränkten sich die meisten Blogs und Tweets nämlich auf die klassischen Vierzeiler. Ich glaube aber, dass man mit den tiefgründigen Gedanken des Google-Algorithmus mehr anstellen kann. Längere Gedichte mit mehreren Strophen, die irgendwie Sinn ergeben, aber trotzdem den lakonischen Charme der Kurzgedichte behalten. Ich bin selbst noch am herumexperimentieren, wie man der Suchmaschine die großen Weisheiten aus dem Elektronenhirn leiert. Aber genau dafür gibt's schließlich dieses Blog.
Viel Spaß beim Stöbern!